Back to All Events

Die letzten Stationen auf unserer langen Reise: Jeonju und Seoul


Von Busan ging es per Bus an die Westküste Südkoreas und allein diese Busfahrt war wieder ein Erlebnis, denn der Bus konnte mit bequemen Business-Class-Sitzen auftrumpfen und hatte eine so starke Internet-Verbindung, dass jedes ländliche Gebiet in Österreich vor Neid erblassen würde. Dazu pünktlich, alles sauber - Busfahren und Asien, das passt gut zusammen.

Unser Ziel war Jeonju, eine 600.000 Einwohner Stadt, die für ihre alten Bauwerke (die sogenannten Hanoks) und ihre Kulinarik bekannt ist. Also wie gemacht für uns.

 

In der Altstadt Jeonjus gibt es ein Hanok Village und wir hatten auch die Chance in einem alten Hanok Haus zu übernachten - viele wurden nämlich in Touristen-Pensionen umgestaltet. Hanoks sind alte koreanische Häuser, die ein wenig an Fachwerkshäuser erinnern und aus den Materialien Stein, Holz, Ton, Papier und Metall erbaut wurden. Dazu die bekannten, geschwungenen Dächer - die Häuser sind wunderschön, die Zimmer koreanisch klein. Steffi und ich sind ja sehr kompakt und selbst wir mussten den Kopf einziehen.

Dazu kommen noch der Gyeonggijeon Tempel und das alte Pungnam Stadttor. Jeonju ist eine sehr angenehme Stadt (bzw. haben wir ja nur die Altstadt kennengelernt), sie ist auch Teil der slowcittá Bewegung - hier geht alles recht gemächlich zu. Der touristische Teil ist aber vergleichsweise groß und gepflegt - langsames Genießen und Erleben.

Apropos Genießen, auf der kulinarischen Seite gibt es ein typisch koreanisches Essen in Jeonju, das ist Bibimbap. “bibida” bedeutet umrühren, “bap” ist Reis und wenn ich jetzt noch sage, dass es ein Resteessen ist, dann hat man ungefähr ein Bild, was ein Bibimbap ist. Wir hatten meist Sojabohnen, Karotten, Salat, Rettich, Tofu und vieles mehr in einer oder mehreren Schüsseln, dazu Reis und Soja- bzw. eine scharfe Sauce. Traditionell ist hier auch der Makgeolli, ein Reiswein. Als das zusammen ergibt ein wunderbares Abendessen - wie die Bilder belegen.

Von Jeonju ging es per Bus dann tatsächlich nach unfassbaren 317 Tagen unterwegs zu unserer letzten Station auf der langen Reise: Nach Seoul, von wo wir unseren Heimflug nach Wien gebucht hatten.

Bei Seoul kommt den meisten von uns wohl die Situation mit Nordkorea in den Sinn und die “demilitarisierte Zone” (DMZ).

 

Da muss natürlich ein kurzer geschichtlicher Einblick zu Korea kommen, den ich bisher ja nicht gegeben habe.
Im letzten Blog-Beitrag erwähnte ich ja schon das Silla-Königreich, danach folgten die Goryeo- (918-1392) und Joseon-Dynastien (1392-1897) und dann das Kaiserreich Korea. 1910 wurde Korea von Japan annektiert. Wie gesagt, dieses heute so freundlich und zurückhaltend wirkende Japan hat sich in seiner Geschichte in Asien nicht viele Freunde gemacht.
Der weitere Lauf der Geschichte ist in Korea tatsächlich nicht allzu schwierig zu beschreiben, denn nach dem zweiten Weltkrieg und der Kapitulation Japans 1945 wurde das Land in zwei Besatzungszonen (Sowjetunion und USA) geteilt - man kann raten, wie geteilt wurde und wer welchen Bereich bekam.
Exakt, es wurde in Nord und Süd geteilt und die Sowjetunion “bekam” den Norden und die USA den Süden. 1948 bildeten sich die entsprechenden Staaten - Nordkorea (offiziell genannt “Koreanische demokratische Volksrepublik“) und Südkorea (eigentlich “Republik Korea” oder auf koreanisch “Großkoreanische Republik”).
1950 kam es zum Koreakrieg. Schon davor gab es immer wieder Grenzverletzungen von beiden Seite, aber am 25.Juni 1950 überquerten nordkoreanische Truppen ohne eine Kriegserklärung die Grenze und nahmen binnen drei Tagen die südkoreanische Hauptstadt Seoul ein und konnten in kürzester Zeit weite Teile Südkoreas erobern. Es war ein Stellvertreterkrieg: Auf südkoreanischer Seite kämpften die USA und die vereinten Nationen, auf nordkoreanischer Seite die Sowjetunion und China. Als die Unterstützer Südkoreas eingriffen, konnten die nordkoreanischen Truppen wieder in den Norden zurückgedrängt werden, Seoul wurde am 4.Jänner 1951 wieder südkoreanisch. Am 38.Breitengrad (also etwas nördlich von Seoul) kam es danach zu einem verlustreichen Stellungskrieg, woraufhin am 27.Juli 1953 ein Waffenstillstandsabkommen geschlossen wurde. Und, das kennt man wahrscheinlich, es kam nie zu einem Friedensvertrag, wonach Nord- und Südkorea sich (offiziell) heute noch im Krieg befinden.
Die Bilanz des Korea-Kriegs ist absolut unfassbar: Fast vier Millionen Todesopfer waren zu beklagen, davon drei Millionen Zivilisten.

Ein Besuch der DMZ (“demilitarisierte Zone”) ist einer der Pflicht-Programmpunkte eines Seoul-Touristen. Wobei es eigentlich kaum etwas zu sehen gibt, denn es ist eine schwer gesicherte Grenze mit einem etwa 4km breiten Puffer-Streifen. Beeindruckend ist ein Besuch dennoch, allein aufgrund der Geschichte und weil wohl jeder von diesem Landstreifen schon einmal gehört hat. Ob es die Müllballons sind, die die Nordkoreaner letztes Jahr in Richtung Süden schickten, die gelegentlichen Schusswechsel der beiden Armeen oder die Beschallung der Nordkoreaner mit K-Pop aus riesigen Lautsprechern auf südkoreanischer Seite. Dem Einfallsreichtum der beiden Seiten sind da keine Grenzen gesetzt.

Seit Juni 2025 ist in Südkorea ein neuer Präsident (Lee Jae-myung) im Amt, der ganz auf Deeskalation setzt. So wurde die K-Pop Beschallung eingestellt und es ist Besuchern im Observatorium an der DMZ strengstens untersagt, in Richtung Nordkoreas zu fotografieren, da selbst das als Provokation in dieser angespannten Situation gesehen werden könnte.
Besichtigen konnten wir auch den “3rd Tunnel”. In den 1970er Jahren bauten die Nordkoreaner (mindestens) vier Tunnel bis in die DMZ - vermutet wird, dass sie so einen neuerlichen Angriff auf Südkorea ermöglichen wollten. Ab 1978 wurden die Tunnel durch die Informationen eines nordkoreanischen Überläufers entdeckt und entschärft - eben den dritten Tunnel kann man heute besichtigen und bis zu der Stelle, an der Südkorea mehrere Barrieren errichtet hat um ein Eindringen der nordkoreanischen Armee zu verhindern. Aber auch dort: Fotografieren verboten.

Vom Observatorium an der DMZ kann man mit Ferngläsern das Leben in Nordkorea beobachten. Und wie man das erlebt, trifft wohl am besten wie es um Nordkorea heute bestellt ist: “Ich kann da Menschen auf den Straßen erkennen!” Nordkorea gilt als das am stärksten abgeschottete Land der Erde und die ganzen Sicherheitsvorkehrungen tun das ihrige, dass man schon baff ist, wenn man aus Kilometern Entfernung nordkoreanische Menschen sehen kann. Und man fragt sich natürlich: Wie ist ihr Leben, wissen sie eigentlich wie es um ihre Heimat bestellt ist?

Wir haben unseren Trip ja immer “Lange Reise” genannt und nicht langer Urlaub, denn meistens waren wir sehr aktiv und wenige Tage an einem Ort mit einem vollen Programm, aber zurück in Seoul haben wir wirklich Urlaub gemacht. Die bekannten Attraktionen haben wir uns erspart (nach Seoul kommen wir sicher wieder einmal zurück) und es galt drei Tage lang: Shopping und Essen. Das Gute am Backpacking war ja, dass wir auf der Reise kaum Mitbringsel kaufen konnten, denn wir hätten sie mitschleppen müssen. Das haben wir in Seoul alles nachgeholt und es uns nochmal gut gehen lassen mit koreanischem Hühnchen, allerlei Suppentöpfen und einem Holzkohlengrill in einem typischen südkoreanischen Grilllokal.

Und so ging unsere Reise nach 321 Tagen zu Ende. Wir werden sicher viele Details vergessen, aber die unglaubliche Menge an Eindrücken wird uns unser Leben lang begleiten. Das beantwortet die Frage, die wir oft gestellt bekommen: Hat es sich gelohnt?
Ja, ja, ein absolutes Ja. Und wir sind überzeugt, dass wir so einen Trip sicher nochmal machen werden - natürlich in andere Länder, denn Afrika haben wir ganz ausgelassen und auch in Asien gibt es noch viel zu sehen. Und ein bisserl hat es uns jetzt auch gepackt, dass wir so viele Länder wie möglich in unserem Leben besuchen wollen. Wir stehen beide bei bisher knapp 80 bereisten Ländern und etwa 120 Länder dieser Welt lassen sich problemlos bereisen (also sowohl Sicherheits-technisch als auch mit vernünftigem finanziellen Aufwand) - freut euch als auf zukünftige Berichte.

Wir stolz, dass wir das so geschafft haben, abgesehen von Tagestrips oder Touren haben wir alles selbst geplant und gebucht und waren die meiste Zeit auf uns gestellt. Und nix ist passiert, was mich selber beeindruckt, denn nicht alle Länder waren so einfach zu bereisen. Aber alles ist gut gegangen und mir kommen heute regelmäßig Freudentränen, wenn ich das Erlebte Revue passieren lasse. Wir lieben es zu reisen. Danke, dass wir das Alles so erleben durften.

Previous
Previous
12 September

Weiter in Südkorea - Busan und die frühere Hauptstadt Gyeongju