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Weiter in Südkorea - Busan und die frühere Hauptstadt Gyeongju


Im Südosten der koreanischen Halbinsel befindet sich die zweitgrößte Stadt Südkoreas, Busan. Etwas nördlich davon ist die frühere Hauptstadt Gyeongju, die aufgrund der gut erhaltenen Tempelanlagen ein beliebtes Touristenziel in Südkorea ist.

Busan, unsere Homebase für die nächsten Tage, ist eine Hafenstadt mit 3.3 Millionen Einwohnern und verbindet einige interessante Aspekte: Großstadt, Strand, Tempel, Tradition. Und unser Wissen von Busan beschränkte sich vorab auf den koreanischen Zombie-Film “Train to Busan” - also praktisch perfekt vorbereitet.

 

Bei der Planung hatten wir schon mal die große Herausforderung, dass es unterschiedliche Stadtviertel gibt, die auch eine gewisse Entfernung zueinander haben. Wir haben uns für einen traditionelleren Stadtteil im Süden Busans entschieden, da wir die Nähe zur Busan Station (einem Nahverkehrsknotenpunkt) und den traditionellen Märkten haben wollten.

Das Gamcheon Cultural Village ist ein sehr touristisches, aber spannendes Stadtviertel. Es hat seinen Ursprung in den 1920er Jahren, als man die Arbeiter etwas vom Hafen weg bewegen wollte, sie aber dennoch nahe genug wohnen sollten um im Hafen ihrer Arbeit nachzugehen. Während des Korea-Krieges und in den Jahren danach suchten Flüchtlinge in dieser Gegend eine Bleibe - es war also nicht gerade ein gutes Wohnviertel.
2009 wurde dieses heruntergekommene Viertel aber im Rahmen eines Stadterneuerungsprojektes ausgewählt. Beim “Village Art Project” wurden Murals und Kunstwerke von den Bewohnern und Künstlern angefertigt, sodass dieses Viertel ein Gesamtkunstwerk wurde und mehr und mehr Touristen anzog. Vor COVID schon über 3 Millionen Touristen pro Jahr.
Spannend wie sich diese Geschichten in verschiedenen Ländern gleichen. Medellin in Kolumbien hatte da sehr viele Ähnlichkeiten. Das zweischneidige Schwert der Gentrifizierung: Zuerst schäbig, erst kommen die Künstler, dann die Touristen und plötzlich ist es für die früheren Einwohner nicht mehr leistbar. Wobei ich sowohl in Südamerika als auch hier den Eindruck hatte, dass die Vorteile klar überwiegen.

Wir wollten in dieser Gegend wegen der Märkte sein, drum haben wir uns ins Getümmel der beiden Märkte Gukje und Bupyeong Kkangtong geworfen. Viele Food Stalls auf der Straße, natürlich immer mit der Erschwernis, dass man da nichts lesen kann und englischsprachige Speisekarten eher die Ausnahme sind. Selbst bei den Lokalen war es nicht immer einfach, denn in den spannendsten Gassen rund um den Markt waren Innereien die Spezialität. Und bei mehreren Lokalen haben wir erst im letzten Moment entdeckt, dass die schmackhaft aussehenden Suppentöpfe aus Kutteln und anderen Innereien bestanden.

Drum wurde es schlussendlich die sichere Variante: Ein koreanischer Grill - praktisch die asiatische Variante des Raclette. Viel Fleisch (tiefgefroren und recht fein geschnitten), dazu Kimchi, Sojabohnen, Tofu und allerlei fermentiertes Gemüse sowie Reis. Schon sehr, sehr gschmackig.
Und am Heimweg simma noch in ein koreanisches Craft-Bier-Fest gestolpert - fantastisch.

Nicht weit von Gamcheon ist eine weitere Touristenattraktion: Der (künstlich angelegte) Songdo Beach, welcher 1913 der erste offizielle Strand von Südkorea war und an dem entlang die Songdo Seilbahn läuft. Die Gondel - übrigens gebaut von Doppelmayr - führt in den Sky Park, einer Aussichtsplattform samt unzähliger Fotopunkte (sowie einem Doppelmayr Museum) und einem “Healing Forest” im angrenzenden Amnam Park. Steffi hatte da kein so großes Interesse, deshalb habe ich diesen Ausflug allein gemacht und sie hatte nicht ganz unrecht, denn ich gebe zu, dass die asiatische “entertain me” Haltung manchmal etwas anstrengend sein kann.
Das begann schon mal bei der Gondelfahrt, denn auch hier gibt es Glasboden- und Thema-Gondeln - somit ist nur jede dritte Gondel eine ganz normale Gondel. Es war an dem Tag wirklich wenig los, vor mir stellten sich vielleicht 10 Personen an und wir reden von 8-Personen-Gondeln, wie es sie bei uns auf vielen Bergen gibt. Und auch wenn riesige Tafeln verkünden, dass acht Personen in eine Gondel passen und man mit “mit anderen” fährt - das ist in Südkorea offenbar nicht exekutierbar. Obwohl nichts los war, durfte ich 20 Minuten anstehen, weil wirklich jede Einzelperson bzw. jedes Paar allein fahren wollte. Und man kann sich da auch nicht dagegen wehren, denn jede Gondelfahrt ist ein Entertainment-Erlebnis. Ich gab mich geschlagen und fuhr auch allein - warum auch immer.

Weiter ging es auf der Sky Terrace und im Park mit Entertainment. Hier ein Wunschbrunnen, da ein “Petit Prince”-Manderl, da ein Flugzeug als Fotomotiv. Im Park haben sie es geschafft, nebeneinander eine Gondel, einen Zombie und einen Dinosaurier aufzubauen als Fotokulisse. Und immer muss irgendwas blinken, läuten oder sonst irgendwie deine Aufmerksamkeit erregen. Einmal sehen reicht da für mich, aber Koreanern geht da offensichtlich das Herz auf.

Eine krassen Gegensatz dazu hat für uns der Gwangalli Beach dargestellt, ein etwa 1.4km lang langer Strand mit einer schönen Promenade, vielen Lokalen und einem hervorragenden Blick auf die am Abend beleuchtete Gwangandaegyo Brücke, wo auch immer wieder Feuerwerke oder Dronenshows stattfinden.
Wir konnten uns dort kostenlos Räder ausborgen und wenn man die Promenade entlang fährt, kommt man zum wohl bekanntesten südkoreanischen Strand, dem Haeundae Beach.

Damit genug der großstädtischen Unterhaltung und es war wieder Kultur angesagt, nämlich bei einer Tagestour in die frühere Haupstadt Gyeongju.

 

Das mit der früheren Hauptstadt ist in Südkorea nicht ganz so einfach, da Korea eine sehr lange Geschichte hat. Zwischen dem ersten und dem neunten Jahrhundert war Gyeongju die Hauptstadt des Silla-Reichs, das fast ganz Korea umfasste. Aus dieser Zeit gibt es zahlreiche Sehenswürdigkeiten in dieser Region, die wir bei einer organisierten Tour (mit öffentlichen Verkehrsmitteln ist das fast nicht möglich) binnen eines Tages “erledigten” - Hardcore Kultur Sightseeing sozusagen.

Der Bulguksa-Tempel aus dem Jahr 774 liegt 16km von Gyeongju entfernt und ist seit 1995 ein UNESCO Welterbe. Dieser buddhistische Tempel gilt als Meisterwerk der Blütezeit der buddhistischen Kunst im Silla-Königreich und beherbergt sieben Nationalschätze Südkoreas. Während es für uns zugegeben eine schöne und sehr große Tempelanlage ist, hat er für Südkoreaner eine besondere Bedeutung.

Direkt in Gyeongju waren wir absolut beeindruckt von den Daereungwon Gräbern, die ebenfalls ein UNESCO Welterbe darstellen. Wir wussten beide nicht, dass es so etwas gibt, aber das sind so etwas wie begrünte Pyramiden. Alte Gräber für Könige und bedeutende Personen des Silla-Reichs in Pyramidenform, die danach aber noch mit Erde bedeckt wurden und mit der Zeit natürlich als Hügel in der Landschaft aufgingen. Absolut faszinierend. Die größten Hügel sind zwei Doppelhügel (23 und 22 Meter hoch), in denen das Königspaar beerdigt wurde. Und mit ihnen unglaubliche 30.000 Relikte aus dem 5.Jhdt.

Den Abschluss der Tour bildeten die Wolji Tempel- bzw. Teichanlage und die Woljeonggyo-Brücke. Beides stammt aus dem Silla-Reich, beides wurde aber weitgehend zerstört und wieder aufgebaut. Man bekommt einen schönen Eindruck von dieser vergangenen Zeit und auch wenn es mit der Beleuchtung und dem asiatischen Foto-Wahnsinn natürlich sehr touristisch ist - das sind schon wirklich verdammt schöne Fotomotive.
Uns fasziniert besonders, wie alt die Gebäude in Ostasien sind - auch wenn nicht mehr viel wirklich original erhalten ist, denn in Südkorea wurde viel unter der japanische Besatzung zerstört, aber wir reden hier von Bauwerken um das Jahr 500. Um es mal ganz plakativ auszudrücken mit Bezug auf unsere lange Reise: Die Kolonisation von Südamerika fand so ab 1520 statt - da liegen knackige 1.000 Jahre dazwischen. Sehr beeindruckend.

Und spätestens jetzt waren mit ganzem Herzen in Südkorea angekommen. Auch wenn sich ein wenig Wehmut dazu mischte, da nun nur mehr zwei weitere Stationen auf unserer langen Reise auf uns warteten, bevor es wieder zurück in unser normales Leben gehen würde. Ab nach Jeonju und dann weiter nach Seoul, von wo aus wir in unser “normales” Leben in Wien zurückkehren werden.

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9 September

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