Wenn man ein paar Tage in Hongkong verbringt, dann ist ein Abstecher sehr naheliegend: Nämlich ein Tagesausflug nach Macau (oder auf Englisch Macao).
Die Zusammenfassung über Macau ist schnell gemacht, obwohl wir praktisch nichts über dieses kleine Land wussten. Glücksspiel wäre mir noch in den Sinn gekommen, aber weder hätte ich gewusst, wo sich dieses Land befindet, noch irgendein anderes Detail. Das Gute, wenn man so wenig weiß: Es kann nicht viel falsch sein.
Aber hier der Kurzüberblick: Macau liegt etwa 50km westlich von Hongkong ebenfalls am chinesischen Meer. Macau hat eine ähnliche Situation wie Hongkong, wobei man einfach „britisch“ gegen „portugiesisch“, „Finanzen“ gegen „Glücksspiel“ und 2047 gegen 2049 austauschen muss. Heißt im Klartext: Macau war eine portugiesische Kolonie bis ins Jahr 1999, wurde dann an die Chinesen zurückgegeben (ebenfalls mit einer 50 Jahre Übergangsfrist) und verdankt seinen Reichtum dem Glücksspiel. Und Macau ist sehr reich: Beim BIP pro Kopf ist es die drittreichste Nation der Welt.
Wenn es interessiert, hier ein detaillierter Überblick: Die Portugiesen kamen 1557 nach Macau und etablierten die Seehandelslinie Goa-Cochin-Malakka-Macau-Japan, worauf Macau seinen Reichtum ursprünglich begründete. Es ging dann über die Jahrhunderte auf und ab, aber Macau blieb bedeutend und entwickelte sich zu einem Anhängsel des britischen Hongkongs. Macau selbst war neutral und blieb von japanischer Besatzung im zweiten Weltkrieg verschont, aber die Gründung der Volksrepublik China nach dem zweiten Weltkrieg samt der Entwicklungen in Hongkong erhöhten den Druck auf Portugal, diese Kolonie aufzugeben. 1997 wurde die Rückgabe Hongkongs umgesetzt, zwei Jahre später jene von Macau. Und auch hier wurde eine 50-jährige Übergangsphase vereinbart – Macau hat heute offiziell den recht sperrigen Namen „Sonderverwaltungsregion Macau der Volksrepublik China“.
Macau bestand aus drei Inseln, wobei die beiden Inseln Taipa und Coloane durch Landaufschüttungen zusammenwuchsen und Macau, das ebenfalls durch Aufschüttungen mit dem Festland verbunden ist. Die beiden Teilen von Macau werden durch zahlreiche Brücken verbunden. Macau ist die „alte“ Stadt, Taipa ist der „neue“ Teil, wo wir mit der Fähre auch ankamen und daher unsere ersten Schritte machten. Vom Fährterminal kommend umschließt eine kleine Bahn (ähnlich den automatisierten Bahnen auf Flughäfen) diesen Bereich.
Ich habe mit Casinos im chinesischen Stil gerechnet: Groß und eher „uninspiriert“ – ohne den Chinesen unrecht zu tun, sie sind ja nicht gerade die architektonischen Feingeister, da geht es eher um groß und golden. Das hat man in Macau ebenfalls chinesisch gelöst: Dieser Teil des Stadtstaats ist eine Kopie von Las Vegas. Da gibt es das Venetian samt künstlichen Kanälen und Gondeln. Eine Kopie des Eiffelturms, eine Kopie der Londoner Innenstadt und viele, sehr viele Luxusgeschäfte. Bis vor dieser Reise hätte ich gezögert, das zusammenzufassen, aber wenn man das einmal mit den eigenen Augen gesehen hat: Chinesen lieben das Glücksspiel und sind nicht zimperlich zu zeigen, wenn sie Geld haben. Also auch in diesem Fall nicht unbedingt Feingeister. Und das zeigt sich in diesem Teil von Macau überdeutlich: Man protzt, es muss glitzern, laut und pompös. Gut, damit sind sie weltweit sicher nicht die Einzigen, aber so richtig sympathisch war es nicht.







Daneben gibt es noch eine kleine Altstadt mit der Rua do Cunha – eine kleine, enge Straße voll von Geschäften und Restaurants. Nicht nur der Name erinnert an die Portugiesen, es wirkt schon wie wenn man durch ein kleines Dorf in Spanien oder Portugal schlendern würde. Aber leider ist das auch ein Disneyland der Chinesen.
Im anderen Teil, Macau, findet man das traditionellere Macau mit vielen portugiesischen Einflüssen und weniger Pomp der Neuzeit. Grundsätzlich am auffälligsten ist, dass Portugiesisch noch immer (neben chinesisch) die Amtssprache Macaus ist. Jede Durchsage in der Bahn oder im Bus oder auch offizielle Tafeln sind zweisprachig – chinesisch und portugiesisch. Da Steffi fließend portugiesisch spricht, dachten wir, dass das alles ein Leichtes sein wird, aber das war dann doch etwas naiv, denn portugiesisch scheint wirklich nur mehr offiziell die Sprache zu sein – wir haben niemanden getroffen, der portugiesisch sprach, selbst die Dame an der Touristeninfo sprach chinesisch. Fast ausschließlich chinesisch.



Die kleinen Gassen in Macau sind spannend, denn es fühlt sich oft an, wie wenn eine portugiesische Stadt wäre, aber mit Chinesen gefüllt (gut, irgendwie ist das ja auch der Fall). Und hier ist es etwas ruhiger, ursprünglicher, was uns besser gefiel. Eigentlich wollten wir alles von oben vom „Farol de Guia“, der sich auf einem kleinen Hügel befindet, betrachten, aber es gab Taifunwarnung und daher war die Seilbahn auf den Hügel eingestellt. Aufgrund der drückenden Hitze haben wir von einer kleinen Wanderung abgesehen und uns eher unten im Ort aufgehalten. Dort hat es uns eher gefangen – die künstliche Glitzerwelt brauche ich hier genauso wenig wie in Las Vegas.
Es nicht ganz unkompliziert, wir haben es dann aber doch geschafft mit den öffentlichen Bussen ein wenig herumzufahren und haben es sogar noch zum Wahrzeichen Macaus geschafft, den Ruinas de São Paulo, also der noch verbliebenden Fassade der Pauluskirche. Diese jesuitische Kirche wurde bei einem Brand im Jahr 1835 zerstört und seit 2005 mitsamt der Altstadt Macaus ein UNESCO-Welterbe. Und gerade die Gassen rund um diese Kirche (bzw. den Resten dieser Kirche) sind fantastisch: Eng, verwinkelt, man fühlt sich wie in einem kleinen portugiesischen Fischerdorf.


Und das ist auch unser Gesamteindruck von Macau: Kann man sich mal anschauen, muss man aber nicht. Die alten Straßen und Bauten der Portugiesen sind faszinierend zu besuchen, besonders für uns Europäer, weil wir es ja im Original kennen und es wie „versetzt in eine andere Welt“ wirkt. Da sind rund um einen nur Asiaten, aber es gibt portugiesische Ansagen in den Öffis, man sieht katholische Kirchen, einen Architekturstil wie in Europa. Aber abgesehen von diesen Bereichen ist es – vor allem in Taipa mit den Casinos - eine nachgemachte Kunstwelt. Las Vegas ist schon verzichtbar mit der imitierten Kunstwelt – aber das ist die Imitation der Imitation. Und statt lauter Amis hat man hier laute Chinesen. Muss nicht sein.