Back to All Events

San Francisco - Mal wieder das Standard Touristenprogramm, herrlich


Aus dem republikanischen Louisiana (60% stimmten für Trump bei den Wahlen 2024) ging es nach San Francisco ins demokratische Kalifornien (58% für Harris). Ich schreib das deshalb, weil es bei all der Polarisierung doch spannend war, dass man das nicht wirklich gemerkt hätte. In beiden Bundesstaaten sahen wir Regenbogenflaggen und Transpersonen – die Welt ist halt wirklich nicht so einfach wie man es sich vorstellen möchte.

San Francisco ist für Europäer sicher eine der Hauptdestinationen in den USA. Das haben wir klar gemerkt, waren wir bei Touren in Nola meistens die einzigen Europäer, so war das Publikum in San Francisco wieder bunt gemischt. Generell halte ich es aber für sehr glaubwürdig, dass der Tourismus durch Trump einen enormen Einbruch zu verzeichnen hat. In New Orleans waren die Touristengruppen ausschließlich US-Amerikaner und in San Francisco fiel auf, das keine Kanadier zu bemerken waren. Wir haben da natürlich keine repräsentativen Erhebungen gemacht, aber bei Gruppenaktivitäten plaudert man ja, man kann vieles über den Akzent usw. rückschließen. Für uns war es nicht unangenehm, da bei vielen Aktivitäten auch nicht viel los war - z.B. Cable Car war “hingehen und einsteigen” und das hab ich schon ganz anders erlebt.

 

San Francisco ist eine vergleichsweise junge Stadt und wurde erst 1776 gegründet – wie der Name vermuten lässt von den Spaniern. Die Stadt entwickelte sich auch eher langsam, da sie an der Westküste Nordamerikas eher ungünstig gelegen war – am Seeweg kaum zu erreichen und auch über Land weit entfernt von der Ostküste, wo der Austausch mit Europa stattfand. 1846 wurde die Stadt amerikanisch und erlebte Ihren ersten großen Aufschwung 1848 mit dem großen Goldrausch. Dies führte zu einer rasch steigenden Bevölkerungszahl, die in den 1930ern mit der Eröffnung der Golden Gate Bridge und der Oakland Bridge nochmals einen Boost erlebte. Man verbindet die Hippie-Bewegung mit SF und heute ist die Stadt ein liberales Zentrum in der Nähe des Silicon Valleys.

Zu San Francisco kommen wohl jedem sofort ein paar Bilder in den Sinn: Die Golden Gate Bridge als das Wahrzeichen, die Hügel und die Cable Cars, die kurvige Lombard Street, die Seelöwen bei Fisherman´s Wharf – vielleicht bin ich da nicht ganz objektiv, weil ich vorher schon zweimal in dieser traumhaften Stadt war, aber New York, Los Angeles, San Francisco und Miami sind wohl die touristische Zentren für Europäer in den USA.

Was mir zu San Francisco ebenfalls in den Sinn kommt: Verdammt kalt. Mitte Juni, eine Zeit wo man bei uns schon an Freibadbesuche denkt, kann es in SF noch immer sehr „frisch“ sein – wir hatten maximal 15 Grad untertags. Und das ist sehr faszinierend, denn San Francisco liegt ungefähr auf einem Breitengrad mit Lissabon, Madrid und Athen. Aber der Kalifornienstrom aus dem Norden und die Kessellage sorgen für vergleichsweise konstante Temperaturen das ganze Jahr lang – im Winter wird es nicht wirklich kalt, im Sommer nicht wirklich heiß. Aber mit dem täglichen Nebel ist das weniger angenehm, als es sich anhört.

Das Gebäude in der Mitte, dieses grüne Flatiron-Gebäude, heißt Columbus Tower. Und dazu erzählte unser Stadtführer eine großartige Geschichte, die ich noch nicht kannte. Und diese Geschichte, die auch tatsächlich zu stimmen scheint, ist wie folgt:
Gebaut 1907, wurde das Gebäude Anfang der 70er Jahre an den Regisseur Francis Ford Coppola verkauft, der dort ab 1972 seine Filmfirma unterbrachte. Das Gebäude war baufällig und bedurfte einiger Renovierungsarbeiten, für die Coppola den damals noch erfolglosen Schauspieler Harrison Ford engagierte, der sich als Tischler durchs Leben schlug. Coppola kannte ihn, denn Ford hatte einige kleine Rollen in Filmen Coppolas, aber der Durchbruch blieb aus. Ein enger Freund von Coppola ist der Regisseur George Lucas, der just in dieses Haus kam, als Harrison Ford dort als Tischler eine Tür einbaute. Die beiden kamen ins Gespräch und Ford wurde schlussendlich von Lucas für die Rolle des Han Solo in Star Wars engagiert, was Fords Durchbruch als Schauspieler darstellte.
Herrlich, oder?

Das Stadtbild wird durch viktorianische Häuser geprägt, die um einige ikonische moderne Bauten ergänzt werden. Weite Flächen der Stadt sind maximal zweistöckig bebaut, da San Francisco in einer extremen Erdbebengegend liegt. Nur in Downtown sind die US-amerikanisch typischen Wolkenkratzer vorhanden.

Generell ist die USA ja ein Einwandererland (worüber ich oft schmunzle, wenn der „echte Amerikaner“ beschworen wird – tja, neben den Natives sind das eben weitgehend europäische Einwanderer) und in San Francisco kommt das auch ganz klar zum Vorschein: Das berühmte Chinatown, der North Beach (italienische Einwanderer), Japantown und einige mehr.

Es fällt hier irgendwie schwer, nicht das Standard-Touristenprogramm zu machen, weil es einfach so viele bekannte Ecken gibt. Also ging es einmal mit den berühmten Cable Cars (die heute nur mehr für die Touristen da sind bei USD 8,- für eine Einzelfahrt) über die Hügel zum bekannten Fisherman’s Wharf.

Auch die Golden Gate Bridge durfte nicht fehlen – zuerst einmal mit dem Fahrrad. Die Golden Gate Bridge ist DAS Wahrzeichen des US-amerikanischen Westens. Bei der Eröffnung im Jahr 1937 war sie die höchste und längste Hängebrücke der Welt. Und sie ist und bleibt ein beeindruckendes Bauwerk.

Mit dem Auto haben wir sie dann einen Tag später überquert, denn wir haben uns für zwei Tage ein Auto ausgeborgt. Was auch ein tolles Erlebnis war, denn wir bekamen einen elektrisch betriebenen Ford Mustang – ein geiles Auto. San Francisco ist wohl neben New York eine der Städte in den USA, wo man absolut kein Auto braucht – der öffentliche Verkehr funktioniert gut. Aber nur so lange man sich in der Stadt bewegt, nach draußen wird es mühsam bis unmöglich. Und wir hatten zwei weitere Ziele außerhalb der Stadt: Die Weingegenden nördlich von San Franciscos und die Mammutbäume in den Muir Woods (mehr oder weniger auf dem Weg zu den Weingütern). Zusammen mit den extrem hohen Preisen für UBER zum Flughafen machte das dann für uns absolut Sinn, einmal das teure Parken über Nacht in Kauf zu nehmen, aber dafür mobil auch außerhalb des Ballungsraums zu sein.

Nördlich von San Francisco gibt es zwei bekannte Zentren des Weinbaus: Sonoma und Napa. Da wir ja nun mobil waren, konnten wir das zweitälteste Weingut Sonomas für eine Weinverkostung besuchen. Da wird’s für den Österreicher schon a bissal schwer, denn das waren zweifellos gute Weine, aber die Preise sind halt auch entsprechend dem insgesamt hohen kalifornischen Preisniveau. Es war dort wirklich herrlich, aber bei Kosten von deutlich über € 100,- für zwei kleine Wein-Verkostungen und eine Käse-Salami-Platte, da bevorzugen wir dann doch einen Wiener Heurigen oder eine Steirische Buschenschank. Das wäre für mich schon ein Thema: Man kann in den USA sicher hervorragend leben, aber man muss dafür richtig gut verdienen um sich das alles leisten zu können. Da ist Österreich schon leichter genießbar, wenn man vielleicht nicht der absolute Top-Verdiener ist.

 

Muir Woods ist ein nationales Monument zum Schutz des Küstenmammutbaumes. Diese Bäume werden nicht nur extrem hoch (bis über 100m), sondern auch sehr alt – der älteste Baum in Muir Woods soll rund 1.100 Jahre alt sein. Die Wanderung war etwas gewöhnungsbedürftig, weil man weitgehend auf Holzplanken unterwegs war um die Natur zu schützen. Nun gut, es ist ein Wald, aber bei dem Besucheranstrom ist es vielleicht notwendig – Amis schießen ja gerne über das Ziel hinaus, egal in welche Richtung.

 

Unsere letzte Aktivität stand wieder in Zusammenhang mit der Golden Gate Bridge - einmal unten durch in den Sonnenuntergang segeln. Klang großartig, als wir es gebucht hatten und wir waren sehr unsicher, als wir dann in San Francisco waren: Denn es war teils wirklich unangenehm kalt. Man kann es an den Fotos sehen, kaum war man aus der Bay draussen, war es ganz angenehm, in Sonoma schon fast heiß - aber in der Stadt kamen wir über 15 Grad nicht hinaus. Dazu ein scharfer Wind, das war alles andere als einladend.
Aber das Glück war uns hold, am geplanten Tag war der Kapitän krank und die Tour verschob sich um zwei Tage - auf einen Tag, der zwar auch kalt war, aber der wärmste unseres Aufenthalts. Und die Eindrücke waren es wert, ich hab sowas vorher noch nicht gemacht und das wäre für mich nun ein “Must Do” wenn man in der warmen Jahreszeit (also vielleicht im August) in San Francisco ist. Es war kalt, aber wirklich spitze. Und der Wein im Pappbecher hatte absolut keine Chance warm zu werden.

Was mir in San Francisco extrem aufgefallen ist: Die „tipping culture“, also das Trinkgeld-geben ist wirklich völlig aus der Spur geraten. Ich war das erste Mal vor über 25 Jahren in den USA und habe das Land sicher schon mehr als 10x besucht, aber so extrem habe ich das noch nie erlebt. 20% Trinkgeld sind heute absolut die Norm (was ich früher aber auch schon ähnlich erlebt habe), aber inzwischen werden auch noch lustigste Zusatzgebühren auf die Rechnung gesetzt. Einmal sahen wir in einem Lokal den Hinweis, dass extra 10% auf die Rechnung gesetzt werden für die Instandhaltung des Lokals und Sozialleistungen an die Mitarbeiter (mitsamt dem Hinweis, dass dies aber kein Trinkgeld ist und man extra noch Trinkgeld geben soll). Mit Trinkgeld betrug der Zuschlag auf den in der Speisekarte angeführten Preis also nochmal über 40% (diese Gebühr, Steuer, Trinkgeld). Und das bei Preisen von rund 20-30 USD pro Hauptspeise. In einem anderen Lokal wurde ein ominöser Zuschlag namens Non Cash adjustment auf die Rechnung gesetzt – ich hab nachgefragt, was das denn ist: Das ist der Zuschlag, dass das Lokal ein Kreditkartenterminal hat und das müssen sie an den Provider zahlen.

Ich versuch mich ja nicht über die kulturellen Eigenheiten anderer Länder aufzuregen, aber das ist wirklich geisteskrank. Wir wussten vorab, dass die USA unverschämt teuer sind und haben das für in Summe 10 Tage in Kauf genommen – aber wir haben etwa das dreifache Tagesbudget verbraucht im Vergleich zu (auch nicht immer billigen) Ländern in Südamerika. Schon alles fein in den USA, aber ob das den Preis am Ende rechtfertigt?
Für uns war es in Summe ein schöner Zwischenstopp auf dem Weg nach Fidschi und eine gute Abwechslung zu den Monaten davor. Und damit: Bula Fiji!

Previous
Previous
4 June

New Orleans - Ab in die Sümpfe