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Von Vulkan zu Vulkan - die ersten Tage in Nicaragua


Wir haben noch ein paar Tage in Monteverde in Costa Rica verbracht. Monteverde, das war jener Ort, den wir eigentlich zusammen mit La Fortuna machen wollten und erst später verstanden haben, dass 10km Luftlinie schon mal 3h Autofahrt notwendig machen können - wenn halt ein Berg und ein See im Weg sind. Also nochmal vom Süden in den Norden - zum Glück war es die Mühen aber wert.

Bekannt ist Monteverde für seine artenreichen Nebel- bzw. Wolkenwälder. Hier trifft die feucht-heiße Luft von der Pazifikküste auf die kühleren Höhen der Berge, wodurch der Nebel bzw. die Wolken entstehen und für die notwendige Feuchtigkeit sorgen. Auch wenn wir in Übergangszeit von Trocken- auf Regenzeit dort waren, wir hatten gutes Wetter und konnten mehrere Touren unternehmen: Nacht- und Morgenwanderung mit zahlreichen Tieren. Und zum Spaß auch einmal zum Ziplining.

Die Natur in Costa Rica war wirklich beeindruckend und ist eine Reise auf jeden Fall wert. Was wir alles gesehen haben - fantastisch. Dennoch hieß es dann Abschied nehmen, einerseits von unserer Reisebegleitung Julia, die wieder nach Wien zurückkehren musste und auch von Costa Rica, denn die nächste Station auf unserer Reise wartete auf uns: Nicaragua.

Und da war ich wirklich gespannt, denn Panamá und Costa Rica sind schon bekanntere Destinationen, aber Nicaragua? Ich hatte da ein ganz einfaches Bild im Kopf: Arm, irgendwie mit den USA über Kreuz, der Name Ortega und ziemlich gefährlich. Aber gut, ich gebe zu, die Bilder von Nicaragua, Honduras und El Salvador unterscheiden sich bei mir gar nicht - ich verband bisher wirklich nichts Konkretes mit diesen Ländern. Aber darum geht es ja beim Reisen, also ab nach Nicaragua.

 

Hier mal ein Crash Kurs über Nicaragua, man kann sich den Anfang denken: 1502 von Christoph Kolumbus “entdeckt”, dann spanische Herrschaft, die Indigenen wurden fast ausgerottet, nur wenige Tausend überlebten. 1821 dann die Unabhängigkeit als Anhängsel Guatemalas. Später dann in der zentralamerikanischen Föderation mit Guatemala, El Salvador, Honduras und Costa Rica. Das südlichere Panamá war damals ja noch Kolumbien.
Danach so das gesamte Repertoire, das man sich von Lateinamerika erwartet: Bürgerkriege, Putsche, Korruption und Unruhe.
Spannend wurde es 1977 als der bisherige Diktator gestürzt wurde und der linke Sandinist Daniel Ortega an die Macht kam. Er hatte ein vergleichsweise modernes Regierungsprogramm mit einem Fokus auf Bildung, Gesundheit und Frauenrechten. Dies erinnerte Ronald Reagan in den 80ern zu sehr an den Kommunismus und die USA wollten Ortega stürzen. Natürlich nicht direkt, sondern durch Unterstützung von Paramilitärs, den Contras. Ich kannte den Ausdruck, wusste aber nicht was er bedeutet: Iran-Contra-Affäre. Die USA verkauften Waffen in den Iran und schleusten das Geld nach Nicaragua um eben die Contras in ihrem Kampf gegen die Regierung zu unterstützen. Daher Iran-Contra-Affäre. Der Krieg der Regierung gegen die paramilitärischen Contras forderte 29.000 Menschenleben - unglaublich.
Das Land war destabilisiert und lag wirtschaftlich am Boden aufgrund des Boykotts der USA und erholte sich bis heute nicht. Der aktuelle Präsident Daniel Ortega ist seit 2007 an der Macht und gleicht nach europäischer Sichtweise einem Diktator. Weder gibt es freie Wahlen noch Pressefreiheit.
Einfach ein paar internationale Indizes um sich ein Bild zu machen: Im Demokratieindex sind 167 Staaten weltweit gelistet und Nicaragua liegt auf Platz 143. Bei der Pressefreiheit liegt man auf Platz 163 von 180 gelisteten Staaten - einen Platz hinter Russland. Im Korruptionsindex liegt es auf Platz 172 von 180 - gleichauf mit Haiti und Nordkorea. Und Nicaragua ist hinter Haiti das zweitärmste lateinamerikanische Land.

Und jetzt das ganz naive Bild des Touristen: Man würde es nicht merken, nicht so schlimm empfinden. Man merkt halt wieder, dass es ein Unterschied ist, ob man irgendwo lebt oder als (finanzstarker) Tourist mal fröhlich in einem Land herumtingelt.
Es ist alles etwas “lateinamerikanischer” als wir es bisher kannten. Wir reisten mit dem Bus von San José nach Nicaragua (wir waren zusammen mit zwei Französinnen die einzigen nicht-Latinos im Bus) und die Einreise war mühsam. Aber jetzt nicht speziell für uns, sondern es dauert einfach alles ewig, ist übertrieben bürokratisch und unflexibel.
Es war irgendwie beeindruckend schwerfällig. In San José mussten wir schon mal eine Ausreise- und Gepäckinspektionsgebühr (USD 8,-) bezahlen, dass wir überhaupt in den Bus durften um das Land zu verlassen. An der Grenze angekommen, wird man vor dem Einreisegebäude aufgehalten und muss eine lokale Steuer für die Benutzung der Räumlichkeiten bezahlen (USD 1,-). Dann darf man ins Gebäude und am Schalter muss man eine Einreisegebühr nach Nicaragua bezahlen (USD 13,-), wobei die Beamtin entsetzt war, dass wir es nicht genau hatten - Wechselgeld hatte sie nämlich nicht, konnte es aber in einem anderen Büro besorgen. Vor allem hatte sie Stempel und Formulare - herrlich. Alles mit zweifachem Durchschlag ausgefüllt und einzeln gestempelt.
Jede Einreise in die USA ist emotional mühsamer mit den ganzen Fragen, das war da unproblematisch, aber halt endlos schwerfällig. So hat unser Bus mit vielleicht 30 Passagieren auch fast 2h für den Grenzübertritt benötigt.

Aber dann waren wir im Land. Und auch gleich bei unserer ersten Station: Ometepe bzw. Granada. Ometepe ist eine Insel im Nicaraguasee - die weltweit größte Vulkaninsel in einem Süßwassersee. Ich weiß jetzt aber nicht genau wie viele es da weltweit gibt - aber jedenfalls ist sie die Größte.

 

Links der Vulkan Concepción, rechts der Maderas

Ich mache diesen Abstecher übrigens allein, denn Steffi wollte sich das nicht antun und genießt schon das schöne AirBnB in Granada, unserer nächsten Station, wo ich nach ein paar Tagen wieder zu ihr stoßen werde. Denn der kleine Abstecher ist nicht ohne: Von der Busstation in Rivas muss man mal zum Fährhafen, dann über den See und schließlich an den Zielort auf Ometepe.

Und das war wirklich nicht ganz so einfach: Erstens muss man da jetzt aber wirklich spanisch sprechen, mit englisch wird es eng. Ich komme durch, kann genug spanisch um mich durchzuschlagen, aber natürlich bin ich etwas hilflos, wenn mir irgendwelche Geschichten aufgetischt werden. Das führt nämlich zur zweiten Herausforderung, der Korruptionsindex dürfte schon wahr sein, denn es ist nicht ganz einfach, hier etwas zu dem Preis zu bekommen, den man ausgemacht hat. Und wenn man dann auch noch sprachlich unterlegen ist, wird es schwierig. An jedem Ort wird man sofort von guten Menschen bestürmt, die einem ja nur helfen wollen, indem sie dir Tickets verkaufen, Motorroller vermieten etc. Was es etwas erträglicher macht: Nicaragua ist sehr billig und der Beschiss spielt sich oft im Cent- oder maximal einstelligem Dollar-Bereich ab. Es ist hier aber halt augenscheinlich, dass sie aus dir als Tourist herausquetschen wollen, was irgendwie geht. Ich kann ihnen nicht wirklich böse sein, aber es macht halt vieles sehr anstrengend, denn ich will auch nicht blind zahlen was sich irgendwer wünscht. So hat mich die 20-minütige Fahrt vom Busbahnhof zum Hafen USD 10,- gekostet, die einstündige Überfahrt mit der Fähre lag bei USD 1,35 - man sieht halt ganz klar, welcher Preis ein allgemeiner ist und welcher “speziell” für Touristen. Mal wird plötzlich eine Steuer aufgeschlagen, mal wird irgendwas in den Taschenrechner getippt, das man nicht nachvollziehen kann. Aber ja meih, es geht wirklich nicht um viel - zum Glück.

Das gehört für mich beim Reisen in solchen Ländern halt irgendwie dazu, es ist mühsam, aber dennoch habe ich mich auf Ometepe gleich wohl gefühlt. Dominant sind die beiden Vulkane: Concepción (1610 m, aktiv, letzter Ausbruch 2010) und Maderas (1394 m, inaktiv). Und man findet sich auch leicht zurecht, denn es gibt eine Straße in Form einer 8 um die beiden Vulkane.

Auf Ometepe leben knapp 30.000 Menschen und es gibt zwei größere Ortschaften: Altagracia (die Haupt”stadt”) eher im Süden und Moyogalpa im Nordwesten, wo praktisch alle Fähren ankommen.

Ich habe mir einen Motorroller ausgeborgt und eine Tour um die Insel gemacht. Abgesehen von ein oder zwei größeren Stränden und ein paar kleinen Ortschaften, wo es touristisches Leben gibt, ist diese Insel von der Landwirtschaft geprägt: Kochbananen wohin man schaut. Die Straßen sind eigentlich nur zwischen den beiden “Städten” in gutem Zustand, dahinter gibt es Schotterpisten.
Abgesehen von der Straßenqualität, wo einem eigentlich alles widerfahren kann, ist hier die Landwirtschaft eine weitere Herausforderung. Auf den Straßen treiben sich Pferde, Schweine und Hühner herum und ich habe mich während einer Inselrunde sicher mehr als 10mal durch eine Kuhherde schlängeln müssen.
Beindruckend waren aber die Kühe, die die Straße gequert haben um sich im See zu kühlen und ihren Durst zu stillen. Da erinnert man sich wieder daran: Das ist Süßwasser.

Es gibt kaum Autos, der Verkehr spielt sich mit Motorrollern ab. Oder mit den “Chicken Busses” - das sind alte amerikanische Schulbusse, in denen hier eben alles bis hin zu Hühnern transportiert werden.

Beim Verkehr gibt es noch ein kleines Schmankerl. 2014 wurde ein Flughafen eröffnet, erbaut um 17 Millionen USD. Anfangs wurde er von einer kleinen lokalen Fluglinie bedient, aufgrund zu geringer Nachfrage wurde die Verbindung aber bald eingestellt. Und so steht der Flughafen ungenutzt da - wobei es auch mit Nutzung spektakulär wäre, da die Inselstraße die Start- und Landebahn kreuzt. Sowas habe ich vorher nur in Gibraltar gesehen.

Ich empfand die Insel als unglaublich entspannt und landschaftlich schön. Die Vulkantouren habe ich mir erspart (für den Concepción muss man mindestens 7h einplanen), aber auch so war es herrlich, ganz entspannt herumzustreifen, die kleinen Ecken hinter den Touristenzentren zu erkunden und zu entspannen.

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13 April

Costa Rica - Pura Vida